Vor kurzem hatte ich an dieser Stelle die Grundzüge der nun vorgelegten Fahrlehrerrechtsreform ausdrücklich gelobt, was nicht bedeutet, dass man manches nicht noch verbessern könnte, worum es heute in einer ersten Einzelkritik am Beispiel der Betriebswirtschaft gehen soll.

Zurecht wurden in der Vergangenheit in unserer Branche immer wieder die mangelnden betriebswirtschaftlichen Kenntnisse angehender Fahrschulinhaber moniert. Dies verwundert nicht weiter, wenn man beachtet, dass bislang der dazugehörige Kurs keine zwei Wochen dauert und dann noch nicht einmal mit einer Prüfung abgeschlossen werden muss. Manche wenden dagegen ein, dass schon die jetzige Hürde zu hoch und es jedem einzelnen zu überlassen sei, sich vor einer Firmengründung auf freiweilliger Basis weiterzubilden. Eine solche Ansicht greift aber deshalb zu kurz, weil sie die Besonderheiten der Fahrschulausbildung außer Acht lässt. Denn der Inhaber einer Fahrschule unterliegt einer besonderen Verantwortung. Hier geht es nicht alleine um den monetären Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens, für den sich am Ende im schlimmsten Fall nur noch der Insolvenzverwalter interessiert. Vielmehr müssen die Mitarbeiter eine wertvolle und sensible pädagogische Leistung an einem sehr vielschichtigen Kundenkreis erbringen, deren Resultat über das Maß an Verkehrssicherheit auf unseren Straßen entscheidet. Damit ist auch die gesamte Öffentlichkeit an gut geführten und gut organisierten Fahrschulbetrieben interessiert. Es ist daher vollkommen legitim, wenn man bei einer Fahrschulgründung eine betriebswirtschaftliche Basis als Voraussetzung ansieht.

Berücksichtigt man darüber hinaus, dass die Anforderungen an eine ordentliche Betriebsführung auch bei Fahrschulen stetig gewachsen sind, so scheint eine Beibehaltung von lediglich 70 Einheiten à 45 Minuten ohne Prüfung für die Schaffung einer vernünftigen Grundlage nicht sinnvoll zu sein. Denken wir nur einmal in Form einer sicher unvollständigen Aufzählung an die Themenfelder, mit denen Fahrschulinhaber heutzutage konfrontiert sind:

Steuerrecht, Arbeitsrecht, Versicherungsrecht, Buchführung, Rechnungslegung, Marketing, Controlling, Arbeitsschutz, Datenschutz, Bilanzierung, Vertragsrecht, Mitarbeiterführung, Handelsrecht, Haftungsrecht, Evaluation, Social Media Kompetenz, Datensicherheit, Bereitstellung und Aufrechterhaltung digitaler Lehr- und Lernformen hinsichtlich Hard- und Software, elektronische Kommunikation, Konfliktmanagement, Beschwerdemanagement usw.

Niemand kann ernsthaft glauben, dass man in der im Moment noch vorgesehenen Zeit auch nur ansatzweise grundlegende Kompetenzen auf all diesen Gebieten erlangen kann. Der Gesetzgeber täte gut daran, die veränderten Rahmenbedingungen in die Reform einfließen zu lassen und den Stundenansatz anzupassen. Als Vorschlag sei hier eine einmonatige Kursdauer mit 200 Unterrichtseinheiten à 45 Minuten angeregt. Dies ließe zwar immer noch nur eine oberflächliche Beschäftigung mit den ganzen Themen zu, wäre aber wenigstens deutlich mehr als der derzeitige Tropfen auf dem heißen Stein.

In dieser Frage könnte es unabhängig von einem klar definierten Stundenansatz vielleicht sogar eine Übereinstimmung mehrerer Verbände geben, also den betriebswirtschaftlichen Bereich zu stärken. Wenn man sich in solchen Punkten verständigen kann und eine gemeinsame Linie in Berlin vertritt, so steigt sicher auch die Bereitschaft des Gesetzgebers, hier noch Korrekturen vorzunehmen.

Wie lange soll der Betriebswirtschaftskurs künftig dauern?

  • Der Vorschlag von 200 Stunden ist angemessen. (45%, 33 Votes)
  • Mehr als 200 Stunden. (30%, 22 Votes)
  • Irgendwo zwischen 70 und 200 Stunden. (11%, 8 Votes)
  • Die bishherigen 70 Stunden sind ausreichend. (10%, 7 Votes)
  • Der Kurs gehört abgeschafft. (3%, 2 Votes)
  • Ich habe dazu eine andere/keine Meinung. (1%, 1 Votes)

Gesamtzahl der Stimmen: 73

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Sascha Fiek
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Autor

Gründer des Blogs Fahrlehrerwelt, Fahrlehrer aller Klassen und Geschäftsführer der ACADEMY Fahrschule Fiek GmbH in Freiburg. Er betreibt auch einen persönlichen Blog unter www.saschafiek.de.

Kommentare

  1. Was bringt der beste BWL-Kurs, wenn die erforderlichen Inhalte nicht “praxisgerecht” vermittelt werden?

    In der Meisterausbildung ist in vielen Berufen auch ein BWL- Teil enthalten, daher ist es völlig legitim ihn auch bei Fahrlehrern gesetzlich zu verankern, leider wird viel zu selten seitens der Behörde kontrolliert, was in diesen Kursen tatsächlich unterrichtet wird.

  2. Warum lassen wir die Fahrlehrer nicht einfach zur IHK oder zur HK gehen, und lassen den betrieblichen Fachwirt dort machen. Da ist alles in guten Händen. Die Meister sind dort doch auch in guten Händen.

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