Die Begeisterung in unserer Fahrlehrerschaft war groß, als die Verkehrsministerkonferenz am 9.11.17 beschlossen hat, den Bund dazu aufzufordern, sich in Brüssel bei Fahrlerlaubnisprüfungen für einen baldigen Wegfall des Automatikeintrags in Form der Schlüsselzahl 78 einzusetzen. Auch wenn das im Rahmen der in meinen Augen begrüßenswerten Förderung zur Elektromobilität diskutiert wurde, war den Ministern dabei durchaus bewusst, dass sich diese Forderung nicht allein auf Elektrofahrzeuge würde beschränken lassen. Und so fällt bei genauerem Hinseen auf, dass zwar für das Schaufenster der Öffentlichkeit in der Überschrift die Förderung der Elektromobilität erwähnt wird, nicht aber in dem eigentlichen Beschlusstext, der da lautet:“Die Verkehrsministerkonferenz fordert den Bund auf, sich bei der EU-Kommission mit Nachdruck für einen raschen Wegfall der Automatik-Beschränkung (Eintragung der Schlüsselzahl 78 in den Führerschein) einzusetzen[…]“
In unseren Reihen erntet die Politik an dieser Stelle Applaus und bekommt kräftig Rückenwind. Denn in der jüngsten Umfrage der Moving, an der sich immerhin mehr als 400 Personen beteiligt haben (hier geht es zu den Einzelergebnissen), ist die Tendenz eindeutig. Fast 90% der Teilnehmer sprechen sich dort für den Wegfall der derzeitigen Automatikregelung aus.
Doch bei aller Einigkeit und Hoffnung auf das Einlenken mancher Europäischer Staaten, darf man nicht nur das „ob“ im Blick behalten, sondern muss auch das „wie“ diskutieren. Denn es scheint unwahrscheinlich und auch nicht wünschenswert, dass die Schlüsselzahl 78 einfach ersatzlos gestrichen wird und fortan die Getriebeart bei Ausbildung und Prüfung überhaupt keine Rolle mehr spielt.
Gleichzeitig sollten wir aber auch Überlegungen, die das französische Modell aufgreifen, sehr kritisch hinterfragen. Hier geht man davon aus, dass ein Fahrschüler die Prüfung auf einem Automatikfahrzeug ablegt, dann jedoch nach wie vor zunächst auf Autos mit automatischem Getriebe beschränkt wird und erst nach Absolvierung von z.B. sieben Fahrstunden auf einem Schaltwagen per Bescheinigung auf der Behörde den Eintrag aus dem Führerschein wieder entfernen lassen kann. Wenn wir ehrlich sind, dürfte das für die wenigsten Kunden wirklich attraktiv sein. Erst eine Prüfung ablegen, dann wieder in die Fahrschule zurückkehren, neue Fahrstunden machen und am Schluss auch noch einen neuen Führerschein bestellen? Da dürften gerade bei sieben Fahrstunden Aufwand und Nutzen kaum im Verhältnis stehen. Fairerweise würde ich bei diesem Modell zumindest den meisten Kunden raten, gleich bei der alten Methode zu bleiben, weil das im Zweifel sogar günstiger kommt.
Wer ernsthaft einen sinnvoll gestalteten Ausstieg aus der Schlüsselzahl 78 anstrebt, muss das in einem Ausbildungsgang mit einer Prüfung hinbekommen, ohne die Schüler zum Nachsitzen antreten zu lassen.
Wenn wir an die professionelle Fahrausbildung in Deutschland glauben und davon ausgehen, dass wir gute Fahrschulen mit verantwortungsbewussten Fahrlehrerinnen und Fahrlehrern haben, die sich der Fahrschülerausbildungsordnung verpflichtet fühlen, dann müsste es möglich sein, einen unkomplizierten und unbürokratischen Weg zu finden. Einen ersten Vorschlag dazu möchte ich wie folgt skizzieren. Es sollte reichen, wenn beispielsweise auf der Ausbildungsbescheinigung ein anzukreuzender Zusatz auftaucht, der beispielhaft lauten könnte:
Der Fahrlehrer/die Fahrlehrerin hat sich vor der praktischen Prüfung auf einem Fahrzeug mit automatisiertem Getriebe davon überzeugt, dass der Fahrschüler/die Fahrschülerin in der Lage ist, auch Fahrzeuge mit einem Schaltgetriebe und Kupplungspedal eigenständig zu führen.
Demnach dürfte der Prüfling seine Prüfung einerseits auf einem Automatikfahrzeug ablegen, andererseits aber auch uneingeschränkt Schaltfahrzeuge fahren. Lediglich wenn die Fahrschule eine solche Bescheinigung nicht ausstellt, würde es bei dem Automatikeintrag bleiben.
Dem verantwortungsvollen Fahrlehrer bleibt es in diesem Modell überlassen, wie genau er die Ausbildung gestaltet und wie er sich von den Fähigkeiten seines Fahrschülers überzeugt, schließlich ist er eine erfahrene pädagogische Fachkraft, der man das dazugehörige Vertrauen entgegenbringen sollte. Wie viele Fahrstunden auf Schaltwagen gefahren werden, welche Methoden angewandt werden, ob und wie oft Simulatoren dabei zum Einsatz kommen oder ob auf getrennten Übungsplätzen trainiert wird, obliegt bei dieser Idee der Fahrschule und den dazugehörigen Ausbildern.
Innovative Ausbildungskonzepte ohne bürokratischen Mehraufwand und ohne Kontrollwut könnten so gefördert werden und gleichzeitig würde der Fahrlehrerberuf sogar ein wenig aufgewertet. Zudem würden auch die Fahrschulkunden profitieren, die mit nur einer Prüfung und bei schätzungsweise etwas niedrigeren Kosten alle Fahrzeugtypen fahren können und ja, auch die Elektromobilität würde vielleicht sogar einen weiteren Schub erfahren, wenn Fahrschulen dank einer solchen Regelung ihren Fuhrpark mit Elektrofahrzeugen verstärken.
Vielleicht schaffen wir ja ein solches Projekt mal, ohne gleich die Erstellung einer „Automatikeintragswegfallverordnung“ so lange zu diskutieren, bis es keine Schaltfahrzeuge mehr gibt.