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Fahrverbot

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Die Älteren unter uns erinnern sich bestimmt noch an die sechseckigen G-Kat-Plaketten, die wir uns ab 1995 als Einstieg in die Welt der Umweltschutzplaketten an unsere Windschutzscheiben geklebt haben. Damals war es das bodennahe Ozon als sehr reaktives und aggressives Molekül, das uns zu schaffen machte. Obwohl das Thema heute eigentlich nicht mehr virulent ist, antworten spannenderweise im Theorieunterricht in der Fahrschule immer noch viele junge Menschen mit dem Stichwort Ozon, wenn man sie nach Umweltproblemen fragt, die aus den Emissionen der Autos resultieren.

Die G-Kat-Plakette verzierte in den 90er Jahren unsere Windschutzscheiben.

Allerdings ist diese erste Plakette sang- und klanglos untergegangen und blieb nicht zuletzt wegen der löchrigen Regelungen quasi wirkungslos. Schon damals herrschte in der Politik blanke Panik bei der Vorstellung, den deutschen Autofahrer aus Rücksicht auf Umwelt und Gesundheit zu einem wenn auch nur kurzfristigen Verzicht auf das Auto gesetzlich zu nötigen. Deshalb wurden die Grenzwerte, Auslöseschwellen und Ausnahmen so zurechtgeschustert, dass es nicht einmal eine handvoll Tage gab, an denen das Ozonfahrverbot zum Tragen gekommen ist. Und plötzlich war die Plakette einfach nicht mehr da und kaum einer hat es gemerkt.

Abgelöst wurde das System nämlich durch die allseits wohlbekannte Umweltplakette mit ihren roten, gelben und grünen Aufklebern, um dem ebenfalls für unsere Atmungsorgane schädlichen Feinstaub den Kampf anzusagen. Ab 2008 herrschte viel Aufregung und wieder einmal drohte der Untergang des Abendlands wegen der weitgehend auf größere Ballungszentren beschränkten Umweltzonen. Doch zu Masseninsolvenzen wegen der Einrichtung von Umweltzonen findet sich im Internet keine Spur. Denn auch hier hat man wirksame, aber schmerzhafte Fahrverbote geschickt umgangen. Geringe Bußgelder, überschaubare Kontrollen in den ersten Jahren und für den Anfang eine wirklich gelungene, zeitlich gestaffelte Abstufung nach Schadstoffklassen haben dafür gesorgt, dass es zu keiner Flut an Bußgeldbescheiden kam und die Umstellung auf sauberere Fahrzeuge oder eine entsprechende Umrüstung für den Ottonormalverbraucher zeitlich und wirtschaftlich durchaus realisierbar waren.

Es lässt sich dabei allerdings auch trefflich streiten, ob die Umweltplaketten überhaupt einen nennenswerten Beitrag zur Verringerung der Feinstaubbelastung und zur Verbesserung der Luft geleistet haben. Zahlreiche Studien und Publikationen zeigen ein uneinheitliches Bild und je nach Lesart der Ergebnisse wird der Nutzen mal als größer und mal als niedriger eingestuft. Fakt aber ist, und da tritt zugleich ein Webfehler in der rechtlichen Konstruktion zutage, dass inzwischen die allermeisten PKW die Norm für die grüne Plakette erfüllen und die Beschilderung somit nur wenige Jahre später eigentlich schon wieder überflüssig ist. Selbst das Umweltbundesamt räumt ein, dass mehr als 90% der PKW Anspruch auf die grüne Plakette haben und ein Blick in das aktuelle Register des KBA deutet daraufhin, dass wir inzwischen sogar schon bei rund 95% liegen. Was aber soll eine Umweltzone, in die quasi jeder einfahren darf? Anscheinend hat man bei der Einführung dieser Umweltzonen nicht hinreichend bedacht, dass sie sich durch eine rasche Verbesserung der Autos quasi selbst abschaffen. Das ist einerseits erfreulich, da ja die Autos tatsächlich weniger Feinstaub emittieren und das vielleicht sogar schneller als gedacht, aber andererseits auch ärgerlich, wenn man den Aufwand für die Beschilderung und die Einrichtung der Zonen an sich berücksichtigt. 

Die Umweltzonen samt Plaketten stehen damit am Scheidepunkt. Entweder man schafft sie in der bisherigen Form komplett ab oder man entwickelt sie als hilfreiches Steuerinstrument zur  beschleunigten umwelttechnischen Verbesserung der Autos weiter. Dann aber gelangt man zwangsläufig zur berühmten blauen und auch zu weiteren, wiederum abgestuften Plaketten, die Anreiz für Automobilhersteller wie auch den Autonutzern sein sollen, auf möglichst schadstoffarme Fahrzeuge zu setzen, basierend auf dem zum jeweiligen Zeitpunkt technisch und wirtschaftlich Machbaren. Gerade der Betrug im großen Stil an Autobesitzern durch die deutschen Automobilfirmen ist ein mahnendes Beispiel dafür, wie wichtig klare Spielregeln und deren Durchsetzung sind. Durch eine geschickte Ausgestaltung der blauen Plakette könnte man hier die Automobilfirmen in die Verantwortung nehmen, ohne den Verbraucher über Gebühr zu belasten. Die Politik muss erreichen, dass die Hersteller am Ende die Zeche zahlen für das, was sie angerichtet haben. Mit der blauen Plakette könnte man diese im Optimalfall dazu zwingen, die manipulierten Fahrzeuge zur Not hardwaremäßig so umzurüsten, dass der Autobesitzer in solche Zonen einfahren darf, die ihm schadstoffmäßig beim Kauf des Fahrzeugs anhand der Herstellerangaben zugesichert waren.  Doch leider eiert man an der Spitze des Verkehrsministeriums wieder einmal rum. Aus Angst, die Autohersteller zu stark zu treffen und gleichzeitig aus Angst, womöglich die Autofahrer zu sehr zu belasten, duckt man sich weg und spielt auf Zeit. Damit aber vergrößert unser Bundesverkehrsminister, Andreas Scheuer, die Verunsicherung in der Bevölkerung. Denn an vielen Stellen, ob derzeit in Hamburg, in Baden-Württemberg oder andernorts macht man sich auf den Weg, eigene, undurchschaubare Regelungen und Fahrverbote zu erlassen, bei denen am Ende niemand so genau weiß, wann sie für wen gelten, wie sie kontrolliert und durchgesetzt werden und was sie am Ende für Konsequenzen für den Autofahrer haben. 

Kommt doch die blaue Plakette irgendwann? Bild: wwwebmeister/shutterstock.com

Auf diese Weise wird die Beerdigung des Diesels ohne Not zur Gemeinschaftsproduktion von deutschen Automobilfirmen und deutscher Politik. Denn wer keine Ahnung mehr hat, wann er mit welchem Fahrzeug wo fahren darf, für den ist die Entscheidung gegen ein Dieselfahrzeug schnell gefallen. Hier könnte die blaue Plakette aber sogar einen Ausweg bieten in Form von Verlässlichkeit. Die Autofahrer hätten damit zumindest eine klare Ansage, ob und wann sie wo mit ihrem Fahrzeug unterwegs sein dürfen, was nicht nur Sicherheit schafft, sondern auch den Wiederverkaufswert steigern könnte, zumindest für diejenigen, die eine Plakette bekommen. Zugegebenermaßen wird es dann die stärker treffen, die keine Plakette bekommen, so wie es damals die mit dem roten und später dem gelben Aufkleber erwischt hat. Ein ‘Wasch mir den Pelz aber mach mich nicht nass’ kann es aber an dieser Stelle nicht geben. Entweder man will auf die Luftqualität auch mit Hilfe von Plaketten Einfluss nehmen und Grenzwerte der Verschmutzung einhalten, dann muss man jedoch den Mut aufbringen, das umzusetzen oder man will es eben nicht.  Dann aber muss man gleichermaßen Mut aufbringen und sagen, dass wir alle Umweltzonenschilder einstampfen und das Thema erledigt ist. Es wird Zeit, dass die Bundesregierung hier Farbe bekennt, anstatt so zu tun, als ob man auf der einen Seite Fahrverbote grundsätzlich vermeiden könnte, aber gleichzeitig auf der anderen Seite alle Umweltziele durch ein paar Softwareupdates erreichen könnte. Das ist aus heutiger Sicht so unrealistisch wie unehrlich. 

Hinzu kommt allerdings noch ein ganz anderes Problem. Denn statt eine einheitliche europäische Lösung zu finden, gibt es immer mehr Insellösungen in den einzelnen Nationalstaaten. Ob in Deutschland, in Frankreich oder in Belgien, in immer mehr europäischen Staaten finden sich inzwischen eigene Plakettensysteme, was völlig unsinnig ist. Ein Stickoxidmolekül oder ein Feinstaubpartikel sind gleichermaßen schädlich, egal ob sie in Paris, in Antwerpen oder in Berlin durch die Luft schwirren. Im schlimmsten Fall leidet dann die Verkehrssicherheit, wenn Autofahrer, die viel in Europa unterwegs sind, vor lauter aufgeklebter Umwelt- und Mautplaketten nichts mehr durch ihre Windschutzscheibe sehen. Gerade in solchen Fragen müssen wir endlich lernen, europäisch zu denken anstatt kleingeistig in lokalen Strukturen zu verharren. Aber Scheuer bringt es leider schon nicht fertig, in Deutschland mit den Bundesländern eine gemeinsame Lösung zu finden. Wie soll es ihm da möglich sein, über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen? 

Brauchen wir eine blaue Plakette?

  • nein (43%, 20 Votes)
  • ja (30%, 14 Votes)
  • kommt auf das Wie an (22%, 10 Votes)
  • bin unschlüssig/weiß nicht (4%, 2 Votes)

Gesamtzahl der Stimmen: 46

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Beitragsbild: Nr. 1037654680, PhotographyByMK/shutterstock.com

Der Tod des Diesels kommt nicht plötzlich, sondern schleichend, aber er kommt. Dabei geht es allerdings schon lange nicht mehr um die Frage, ob der Verzicht auf diesen Motorentyp überhaupt vernünftig ist. Denn vieles spricht nach wie vor für den Einsatz dieser Aggregate, man denke nur an den bislang deutlich geringeren CO2-Ausstoß, das höhere Drehmoment, den besseren Wirkungsgrad oder auch an die geringeren Kraftstoffkosten gegenüber der Benzinversion.

Dennoch haben Hersteller und Politik gemeinsam in verantwortungsloser Weise alles dafür getan, den Ruf des Diesels zu ruinieren und jegliches Vertrauen der Verbraucher zu zerstören. Das liegt nicht allein an der berühmten Dieselgate Affäre rund um den VW Konzern. Denn aus den Erhebungen des Umweltbundesamtes geht hervor, dass die Stickoxidemissionen auf breiter Front und bei allen Euro-Normen einschließlich Euro 6 um ein Vielfaches gegenüber den festgelegten Grenzwerten im realen Straßenverkehr überschritten werden. Wenn Forscher dann noch ermitteln, dass Tausende vorzeitiger Todesfälle auf genau diese erhöhten Stickoxidemissionen zurückzuführen sind, ist der Cocktail perfekt, um dem Diesel sein Ende zu bereiten. In der Politik wurde das Thema bereits aufgegriffen und mit der Ankündigung von Fahrverboten für Dieselfahrzeuge beispielsweise in Städten wie Hamburg und Stuttgart garniert. Selbst wenn diese am Ende nicht kommen sollten und die Ankündigungen mehr auf politisches Taktieren zurückzuführen sein mögen, ist die Verunsicherung insgesamt schon heute so groß, dass die Bevölkerung sich vom Diesel aus der Angst heraus abwendet, dass sie tatsächlich das Fahrzeug eines Tages stehen lassen oder teuer umrüsten müssen.  

Volvo hat nun als erster Hersteller die Konsequenz gezogen und die Reißleine beim Diesel gezogen. Eine neue Baureihe wird es wohl nicht mehr geben und die aktuellen Motoren werden wohl nur noch einige wenige Jahre Bestand haben. Aufgrund der gesamten Stimmung und der Verunsicherung der Verbraucher ist davon auszugehen, dass auch weitere Hersteller sich aus der Dieselentwicklung zurückziehen und stattdessen auf das Zukunftspferd Elektro setzen werden, von dem sie sich im Gegensatz zum Diesel steigende Umsätze versprechen.

Als Fahrlehrer sind wir gut beraten, diese Entwicklung nicht nur klar gegenüber unseren Kunden zu kommunizieren, sondern auch rechtzeitig an den eigenen Fuhrpark zu denken. Nach einer nun startenden Übergangsphase wird es vermutlich schon um 2020 herum nicht mehr sinnvoll sein, sich als Fahrschule noch Selbstzünder zuzulegen, schon allein weil der Wiederverkaufswert drastisch sinken dürfte. Wenn die Fahrverbote in verschiedenen Städten tatsächlich kommen, wird sich der Prozess vielleicht noch erheblich beschleunigen. In diesem Zusammenhang hilft es auch nichts, wenn Fahrschulverbände die Politik um Ausnahmegenehmigungen für Fahrschulen bitten, auch wenn das gut gemeint sein mag. Denn was würden wir als Fahrschulen für ein Bild in der Gesellschaft abgeben, wenn wir auf zu recht oder unrecht gebrandmarkten “Dreckschleudern” unsere Ausbildung durchführen würden? Wir sollten daher in Zukunft genau hinsehen und unseren Fuhrpark ggfs. anpassen, damit wir erst gar nicht in die Verdrückung kommen, auf den Goodwill der Politik angewiesen zu sein. Und da das Auto eines voll arbeitenden Fahrlehrers eh alle 2-3 Jahre zu ersetzen ist, kommt es hier auch nicht zu übermäßigen Belastungen.

Sollten Fahrschulen schon jetzt anfangen, ihre Dieselautos abzustoßen?

  • nein (62%, 68 Votes)
  • ja (30%, 33 Votes)
  • weiß nicht (8%, 9 Votes)

Gesamtzahl der Stimmen: 110

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