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Ausbildungsnachweis

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Was in einem aktuellen Referentenentwurf aus dem Bundesverkehrsministerium zur Änderung fahrlehrerrechtlicher Vorschriften harmlos als Entbürokratisierungsmaßnahme bezeichnet wird, könnte für Fahrschulen bundesweit sehr weitreichende Folgen haben. Denn geplant ist, die derzeitige Ausbildungsbescheinigung abzuschaffen und künftig nur noch Ausbildungsnachweise zu verwenden.

Sowohl vor theoretischen als auch vor praktischen Prüfungen sollen die Prüfer dann jeweils den Ausbildungsnachweis erhalten, der im Vergleich zur bisherigen Variante um ein Feld zur Bescheinigung des Abschlusses der Ausbildung ergänzt werden soll. Somit hätte also jeder Prüfer bei jeder Prüfung vollen Einblick darüber, wann und in welchem Zeitraum bei welchem Fahrlehrer welche Art von Stunden mit welcher Dauer absolviert worden sind. Das mag bei der theoretischen Prüfung auf den ersten Blick noch nicht weiter tragisch sein, aber bei der praktischen Prüfung sehe ich Objektivität und Neutralität bei deren Durchführung in Gefahr.

Denn wenn ein Prüfer vor Antritt einer Prüfungsfahrt sehr detaillierte Informationen über den exakten Verlauf der Ausbildung erhält, wird er daraus unter Umständen Rückschlüsse ziehen, die seine Unvoreingenommenheit beeinträchtigen könnten. Hat ein Schüler beispielsweise auffällig wenig Stunden, könnte der Eindruck bei dem Prüfer aufkommen, die Ausbildung sei nicht umfangreich genug gewesen und er sei noch nicht reif für die Prüfung. Wenn ein Schüler hingegen besonders viele Fahrstunden aufweist, könnte dies hingegen das Gefühl entstehen lassen, der Prüfling sei womöglich gänzlich ungeeignet. In solchen und vielen weiteren Fällen droht durch das angedachte Verfahren in meinen Augen eine Beeinflussung des Prüfers – und sei sie nur unterbewusst – mit entsprechenden Auswirkungen auf Ablauf und Ergebnis der Prüfungsfahrt.

So könnte der neue Ausbildungsnachweis aussehen, der die Ausbildungsbescheinigung ersetzen soll.

Jeder aktive Fahrlehrer weiß, wie unterschiedlich der nüchterne Blick auf die nackten Zahlen in einem Ausbildungsnachweis gegenüber der individuellen Betrachtung der Person und deren tatsächlichem Ausbildungsverlauf ausfallen können. Schon bei der Fahrschulüberwachung müssen Inhaber und verantwortliche Leiter auch ordentlich geführter Betriebe, die die Regeln einhalten, immer wieder diskutieren und argumentieren, warum das Ausbildungsbild in manchen Fällen anders als erwartet aussieht. Man stelle sich daher einmal vor, wie es um die Stimmung zu Beginn einer Prüfungsfahrt bestellt wäre, wenn ein Prüfer den Fahrlehrer zu vermeintlichen Auffälligkeiten des Ausbildungsnachweises befragt. Auch am Ende einer Prüfung mit negativem Ausgang könnte dann schnell der Ausbildungsnachweis als Begründung dienen, ohne dass die individuellen Umstände hinreichend gewürdigt werden.

Darüber hinaus muss man sich auch die Frage stellen, was noch alles aus dieser neuen Informationsflut abgeleitet werden könnte. Prüfer und Prüforganisationen könnten beispielsweise vor Ort dann leicht ermitteln, welche Umsätze die einzelnen Fahrschulen erwirtschaften, wie oft Fahrlehrer gewechselt werden, wie genau die Verzahnung von Theorie und Praxis stattfindet, wer zur welchen Tages- und Nachtzeiten aktiv ist und vieles mehr. Natürlich könnten damit auch präzise Vergleiche zwischen einzelnen Fahrschulen in einer Region angestellt werden und im ungünstigsten Fall mag sich dann der ein oder andere Prüfer auch als heimlicher Überwacher berufen fühlen.

Letzteres mögen manche sogar bewusst anstreben und insgesamt darauf setzen, dass durch diese Neuregelung den schwarzen Schafen unserer Branche leichter beizukommen ist. Natürlich wünsche auch ich mir eine Fahrschulwelt ohne Schwarzgeld und mit qualitativ hochwertigen Fahrausbildungen, in denen die fahrlehrerrechtlichen Regelungen eingehalten werden. Gleichwohl gilt es aber genau abzuwägen, ob die geplante Neuerung nicht auch ordentlich arbeitende Fahrschulen negativ treffen könnte. Dabei soll Prüfern keinesfalls unterstellt werden, dass sie problematische Entwicklungen bewusst oder gar mehrheitlich anstreben würden. Ohne Zweifel würden in der Mehrzahl der Fälle die hier genannten Befürchtungen nicht eintreten. Allein, es reicht, dass es ab und an passieren wird, ja passieren muss, was nicht zuletzt daran liegt, dass wir alle auch nur Menschen sind, die zudem auf sehr engem Raum miteinander arbeiten, so dass gelegentliche Konflikte gar nicht ausbleiben können.

Es gab einen guten Grund, dass Ausbildungsbescheinigung und Ausbildungsnachweis einst getrennt worden sind. Diese Trennung nun mit dem lapidaren Verweis auf Entbürokratisierung und einem vermeintlichen Transparenzgewinn aufzugeben, sollte in meinen Augen nochmals dringend überdacht werden.

Soll die Ausbildungsbescheinigung abgeschafft und durch den Ausbildungsnachweis ersetzt werden?

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Beitragsbild: Sebastian Duda/ Shutterstock.com (ID492402712)

Eines der ursprünglichen Ziele der Fahrlehrerrechtsreform bestand in dem so oft beschworenen Bürokratieabbau. Deshalb sollte es unter anderem dem Tagesnachweis an den Kragen gehen, der in der Tat auch so nicht mehr in den Rechtsvorschriften namentlich auftaucht. Allerdings hat man ihn über einen Kniff dann doch in gewisser sogar verschärft wieder aufgenommen. Hier lohnt ein Blick auf den künftigen Ausbildungsnachweis ab 2018, der zugleich verwirrenderweise als Ausbildungsbescheinigung bezeichnet wird. Zu finden ist dieser in Anlage 3 der neuen Durchführungsverordnung, die in Bundesratsdrucksache 379/17 abgebildet ist:

Hier ist ein kleines, aber feines Detail zu finden. Denn bei dieser Neufassung muss künftig auch die Uhrzeit des Beginns einer jeden Fahrstunde aufgeführt werden. Explizit auf dem Formular erwähnt wird auch, dass dieser Nachweis in Kopie dem Fahrschüler auszuhändigen ist, wobei leider auf die Möglichkeit einer elektronischen Übermittlung verzichtet wurde. 

Dies bedeutet, dass dem Fahrschüler eine exakte Übersicht zu übergeben ist, in der Datum, Uhrzeit, Dauer und Inhalt einer jeden Fahrstunde aufgelistet sind. Dies bedeutet sogar eine gewisse Verschärfung gegenüber der bisherigen Situation. Denn in der Praxis haben Fahrlehrer durchaus einmal im Eifer des Gefechts Tagesnachweise von Schülern unterschreiben lassen, auf denen Uhrzeit und Datum noch nicht fertig ausgefüllt waren. Hier muss ab 1. Januar 2018 weit genauer hingeschaut werden. Denn wenn ein Schüler eine Ausfertigung des Ausbildungsnachweises mit allen Details erhält und dieses Exemplar vielleicht seinen Eltern übergibt, kann es schnell zu größeren Schwierigkeiten kommen, wenn man es mit einer Uhrzeit mal nicht so genau genommen und diese vielleicht später nachgetragen hat. Man denke nur an das Beispiel, dass man mit einem Fahrschüler während einer Freistunde, sagen wir von 10-11 Uhr, fährt und versehentlich auf dem Ausbildungsnachweis 11-12 Uhr vermerkt. Dann hat man ganz schnell eine Diskussion mit Eltern, die erst das Kind des Schwänzens verdächtigen und anschließend den Fahrlehrer als unzuverlässig abstempeln. Von dieser Sorte lassen sich eine ganze Reihe unangenehmer Beispiele finden. 

Aus der Kombination der Beibehaltung der 495 Minuten Regelung und dem enger gefassten Ausbildungsnachweis ergibt sich daher, dass Fahrschulen noch mehr als bisher auf das präzise Führen eines Tagesnachweises zu achten haben, wenn sie Problemen aus dem Weg gehen wollen. Einziger Unterschied wird sein, dass man das Wort Tagesnachweis umbenennen darf und das dazugehörige Formular in seinem Aussehen nicht vorgeschrieben ist. Vielleicht wird man auch den Ausbildungsnachweis gleich elektronisch im Auto ausfüllen und zur eigenen Sicherheit unterschreiben lassen. Fakt aber ist, dass sich an der Notwendigkeit und der Tiefe der Aufzeichnungen im Prinzip nichts ändern wird. Dass künftig das Datum der Theorieprüfung und die verwendeten Lehrfahrzeuge auf dem Ausbildungsnachweis entfallen, ist kaum des Wortes Bürokratieabbau würdig. 

Allenfalls bei der nun so bezeichneten “Ausfertigung für den Sachverständigen oder Prüfer” der Ausbildungsbescheinigung (ebenfalls Anlage 3) wird es nun etwas übersichtlicher: 

 

Allen berühmten Diskussionen über die Frage nach dem Datum des Abschlusses der Ausbildung und vermutlich auch der Gültigkeit der besuchten Unterrichte geht man mit diesem neuen Formular aus dem Weg.

Bleibt es bei diesen Fassungen bis zum Schluss, dann wird deutlich, dass das Führen von Aufzeichnungen sich bestenfalls marginal ändern wird und sich für manche vielleicht sogar schwieriger als bislang darstellen wird.  Freuen wird das die Fahrschulüberwachung, die sich vermutlich die nächsten Jahre trotz der angedachten Verschiebung hin zur pädagogischen Überwachung weiterhin auf die formalen Aspekte stürzen wird.