In der zum Teil sehr emotional geführten Debatte um die anstehende Reform des Fahrlehrerrechts lässt vor allem die Frage nach der Betriebsgröße von Fahrschulen die Gemüter immer wieder besonders hochkochen. Die Auseinandersetzung um kleine, mittlere oder große Fahrschulen ist dabei allerdings überflüssig wie ein Kropf, ist sie doch meist geprägt von Unterstellungen und Annahmen, denen es an Substanz mangelt. So wird auf der einen Seite gerne das Schreckgespenst einer bösen Konzernfahrschule bemüht, die angeblich alle anderen Fahrschulen auf einen Schlag hinwegfegen wird, während auf der anderen Seite kleine Fahrschulen als Schwarzgeldklitschen verunglimpft werden, bei denen alles nichts außer Lug und Trug sei.

Solche pauschalen Urteile sind nicht nur ungerecht, sie vergiften auch völlig unnötigerweise das Klima der Diskussion. Verkannt wird dabei vor allem, dass sich die Situation des Fahrschulmarkts radikal gewandelt hat und wir heute vor ganz anderen Probleme stehen als noch vor wenigen Jahren. Vorbei sind die Zeiten, als Fahrschulen mittels ruinöser Preiskämpfe um Kunden wetteifern mussten. Vorbei sind die Zeiten, als es ein Überangebot an Fahrlehrern gab und die Fahrschulkunden noch prompt bedient werden konnten. Heute ist es leichter, ein Goldnugget im Schwarzwald zu finden als einen Fahrlehrer auf dem freien Markt. Gerade in Ballungsgebieten ist es inzwischen normal, dass ein Fahrschüler nach der Anmeldung viele Wochen auf seine erste Fahrstunde warten muss und sich die Ausbildung selbst dann über Monate zieht, weil schlicht das Personal fehlt.

In einem solchen Marktumfeld gibt es eigentlich keinen Grund mehr, Ängste zu schüren oder einen einzelnen Fahrschultypus zu bevorzugen. Denn in einer Frage sind sich stets alle institutionellen Vertreter einig, nämlich dass die Qualität der Ausbildung im Vordergrund stehen muss. Und diese Ausbildungsqualität hängt nicht von der Größe des Betriebes ab, sondern von ganz anderen Faktoren. Eine fundierte Ausbildung, eine gesunde Einstellung zum Beruf, eine adäquate finanzielle Situation, eine Anerkennung der eigenen Leistung und geordnete Arbeitsbedingungen, die eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben in einem stabilen sozialen Umfeld ermöglichen, sind die Schlüsselfaktoren für eine qualitativ hochwertige Fahrausbildung. Grundsätzlich lassen sich all diese Faktoren in allen Betriebsgrößen verwirklichen, unabhängig davon, ob ein Fahrschulinhaber alleine ist oder mit 10, 100 oder 1000 Mitarbeitern hantiert. Natürlich unterscheiden sich die Strukturen solcher Betriebe. Inhaber kleiner Fahrschulen zum Beispiel in ländlichen Gebieten haben den Vorteil, all ihre Kunden persönlich zu kennen. Sie sind häufig eingebettet in die Gemeinschaft, sind aktiv in Vereinen und Verbänden. Wenn solche Inhaber ihren Job nicht ordentlich erledigen, bekommen sie das ganz schnell ganz persönlich zu spüren, wohingegen sie sich durch eine gute Arbeit ein Vertrauensverhältnis aufbauen können, was ihnen Zeit ihres Arbeitslebens Anerkennung und ein gutes Auskommen ermöglichen kann. Je größer eine Fahrschule hingegen wird, desto mehr ist sie auf professionelle Verwaltungsabläufe angewiesen, mit der sie die höhere Kundenanzahl bewältigen kann. Hier sind strukturierte Prozesse und ein Management auf verschiedenen Ebenen nötig, um eine hohe Ausbildungsqualität zu garantieren, auch wenn die Führungsebene nicht mehr jeden einzelnen Kunden persönlich kennen kann.

Am Ende ist es aber immer der einzelne Fahrlehrer im Auto oder im Unterrichtsraum, der nicht nur für die Qualität der Ausbildung einsteht, sondern auch seine Firma repräsentiert und damit über Erfolg oder Misserfolg entscheidet. Weder die Kleinstfahrschule noch der Großkonzern haben eine Überlebenschance, wenn nicht die Arbeit am und mit dem Kunden stimmig ist. Somit gilt es, endlich von allen Seiten die Existenzberechtigung aller Fahrschultypen uneingeschränkt anzuerkennen und sich vielmehr darauf zu konzentrieren, dass die oben genannten Schlüsselfaktoren bestmöglich verwirklicht werden können. Denn nur mit diesen lässt sich das übergeordnete Ziel der größtmöglichen Verkehrssicherheit im Rahmen der Ausbildung anstreben.

Dazu sei abschließend auch gesagt, dass es nicht Aufgabe der Politik sein kann und darf, mit rechtlichen Mitteln auf die künftige Betriebsgröße von Fahrschulen Einfluss zu nehmen. Vieles deutet darauf hin, dass die bisherigen Regelungen zu den Rechtsformen aber auch der Zweigstellenbeschränkung aus verfassungs- und europarechtlichen Erwägungen heraus nicht mehr haltbar sind. Wenn daher der Istzustand nun von der großen Reform der Fahrlehrerrechts korrigiert wird, um den herrschenden rechtlichen Rahmenbedingungen und dem Prinzip der sozialen Marktwirtschaft gerecht zu werden, dann sollten wir das weniger mit harscher Kritik als vielmehr der gebotenen Zustimmung begleiten. Denn am Ende sind es wir als Fahrlehrer, die für die Qualität der Ausbildung sorgen und nicht die Frage, wie viele Zweigstellen eine Fahrschule unterhält.

Sascha Fiek
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Gründer des Blogs Fahrlehrerwelt, Fahrlehrer aller Klassen und Geschäftsführer der ACADEMY Fahrschule Fiek GmbH in Freiburg. Er betreibt auch einen persönlichen Blog unter www.saschafiek.de.

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